Liebe(r) …
Du bist durch die Zeiten gewandelt, du bist großgeworden und du hast gelernt. Der Weg war nicht einfach. Manchmal hattest du das Gefühl, durch Sumpf zu waten und nur mühsam ziehst du deine Füße heraus. Du hast das Gefühl, nicht glücklich sein zu dürfen, solange deine Füße in der zähen kalten Masse stehen. Doch dein Weg war nicht vergeblich und unbemerkt sind dir in den letzten Jahren Flügel gewachsen. Ja, du hast richtig gehört. Dreh dich um, schau in den Spiegel. Sie entfalten sich gerade, deine Flügel. Noch wirken sie sehr verletzlich, doch schon spannen sie sich auf und werden kräftiger. Lass uns fliegen, gemeinsam. Lass uns den alten Sumpf aus Scham und Schuld hinter uns lassen. Verantwortung hast du allein für für dein Leben und deine Gefühle. Vertraue darauf, dass die Menschen um dich herum die Verantwortung für ihr eigenes Leben selbst tragen können. Gib ihnen ihre Bürde und damit ihre Würde zurück.
Jetzt ziehst du endlich deine Füße aus dem Sumpf der Vergangenheit. Es macht zweimal „Plopp“ und du bist frei. Ja, schau sie an. Du hast sie lange nicht gesehen, deine Füße. Sie wollen vorwärtsgehen, sie wollen tanzen, die Erde spüren und das Gras. Sie wollen den Himmel berühren. Also breite deine Flügel aus. Sie sind groß und stark, nicht wahr?
Nimm mich an die Hand und dann fliegen wir los. Es darf leicht sein. Es darf spannend sein. Es darf im Bauch kribbeln. Ich zeige dir meine Welt. Eine Welt in der alles möglich ist. Eine Welt voller Magie. Eine Welt voller Liebe, Verbundenheit und Freiheit. Alles andere ist von hier oben so klein und unbedeutend. Die Vergangenheit. Die Menschen, die dir weh getan haben. Die Menschen die nicht genug für dich da waren. Die Menschen, die dich in einen engen Käfig gesperrt haben. Weil sie es selbst nicht besser wussten. Weil sie selbst in so einem Käfig aufgewachsen sind.
Hier oben in den Wolken ist alles leicht. Der Himmel ist blau und wir schauen hinab auf Berge, Täler, Flüsse und Wiesen mit bunten Blumen. Lass dich gemeinsam mit mir fallen. Mitten auf die Wiese. Wir halten uns an den Händen und drehen uns ganz schnell bis wir umfallen. Hinein ins weiche Gras. Blumen kitzeln deine Nase. Bienen summen. Vögel zwitschern in den Bäumen am Wegesrand.
Lass uns Kind sein. Lass uns lachen wenn uns danach ist. Lass uns unseren Körper so bewegen wie wir es fühlen. Manchmal wild und stürmisch und überbrausend wie das Meer. Manchmal still und zärtlich wie ein Schmetterling, der eine Blume gefunden hat. Keine Zwänge mehr. Du bist frei. Frei wie der Wind. Frei wie ein Kind, das unendlich geliebt wird. Frei wie ein Vogel der seine Flügel ausbreitet und sich auf den Weg zum Horizont macht.
Ich liebe dich. Ich will mit dir spielen. Ich will mit dir lachen. Ich will mit dir weinen. Ich will wütend mit dir aufstampfen. Ich will mit dir singen und tanzen. Den Tanz unseres Lebens. Ich warte schon so lange darauf.
Dein inneres Kind
Das Bild hat meine Tochter Alice gemalt, du findest es in unserem Kinderbuch „Liebe Schwester, wo bist du?“